Vortrag „Liebe, Geschlecht und das Teilen von Arbeit – Wie die kapitalistische Wirtschaft unsere Nahbeziehungen formt“ von Dr. Lisa Yashodhara Haller
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Wir leben in einer freien Gesellschaft. Es bleibt uns überlassen, wie wir unser Leben ausgestalten. Ungehindert können wir lieben, wen wir möchten und selbst definieren, wer wir sein wollen. Diese verheißungsvolle Botschaft von individueller Handlungsmacht überdeckt, dass sozialstaatliche Steuerung unser Privatleben beeinflusst, sie eröffnet Handlungsräume und grenzt diese ein. Staatliche Steuerungsinstrumente allen voran familienpolitische Leistungen und Maßnahmen von der Finanzierung der Pille über die Kinderwunschbehandlung, das Kindergeld und Elterngeld bis hin zum Ehegattensplitting rahmen unser Privatleben. Sie regulieren, wer wann zu welchen Konditionen und in welchem Alter Kinder bekommt, wie Anteile der gesellschaftlichen Arbeitszeit jenseits von Lohnarbeit so organisiert werden, dass Zeit zur Fürsorge freigesetzt wird und wer für welche Form der Sorge Geld bekommt – all das unterliegt einer sozialstaatlichen Steuerung und damit politischen Entscheidungen.
Ohne deren Aufdeckung erscheint uns unser Privatleben mit samt allen Entscheidungen und Handlungen jedoch als individuelle Präferenz. In dem Vortrag widmen wir uns den Vermittlungszusammenhängen zwischen diesen vermeintlich ganz privaten Entscheidungen und deren sozialpolitischen Einbettung. Jenseits plumper Ableitungsverhältnisse bietet die Veranstaltung die Möglichkeit, sozialstaatliche Steuerungsabsichten in den einzelnen Subjekten, deren Handlungen, Einstellungen und der Ausgestaltung ihres Liebeslebens wiederzuentdecken und sie damit als gewordene und veränderbare Resultate politischer Steuerung zu entmystifizieren.
Der Vortrag wird vom autonomen FLINTA und Geschlechtergerechtigkeitsreferat organisiert.
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Meeting-ID: 637 5838 6007
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